Der Kundenkontakt und die Arbeit mit Ratsuchenden und Leistungsberechtigten in Behörden wird immer häufiger durch Konflikte belastet. Die Auswertung von Unfallmeldungen des Bundes verwiesen auf teilweise extreme Formen von Übergriffen, bis hin zu Bedrohungen mit Messern, Äxten und Schusswaffen. Seit der Einführung von „Hartz IV“ sehen sich auch die Jobcenter einer verschärften Lage gegenüber. Ähnliche Entwicklungen sind bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie den Sozialbehörden zu beobachten. 

 

Übergriffe von Kunden auf Beschäftigte in Behörden nehmen seit Jahren zu. So stieg die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle aufgrund aggressiver Übergriffe in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2010 wurden 7228 meldepflichtige Arbeitsunfälle durch Gewalt betriebsfremder Personen verursacht. (Quelle: DGUV) Diese Gewalt am Arbeitsplatz umfasst verbale, physische oder psychische Angriffe auf Beschäftigte in Situationen, die in Bezug zu ihrer Arbeit stehen und die als Folge ihre Gesundheit, ihre Sicherheit oder ihr Wohlbefinden beeinträchtigen. Die Formen der Gewalt sind vielfältig.


Formen der Gewalt


 »  bewusst unhöfliches oder unangepasstes Verhalten »  verbalisierte Gewalt (auch Einschüchtern oder Beleidigen)
 »  Gewalt gegen Sachen (absichtliches Verschmutzen,  Beschädigen oder Randalieren) »  indirekte Gewalt (Drohungen oder Nötigungen, um Einfluss auf eine Entscheidung zu nehmen) » körperliche Übergriffe


Risikofaktoren


Übergriffe an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr sind meistens nicht vorhersehbar. Die Gründe sind vielschichtig und für jede Situation spezifisch. Es gibt allerdings bestimmte Situationen für Beschäftigte, die ein grundsätzliches Risiko beinhalten.

 

Die häufigsten sind:


• der Umgang mit Waren, Bargeld und Wertsachen • das Verweigern von Leistungen •  Einzelarbeitsplätze oder Einzelgespräche, zum Beispiel bei Beratungen im Sozial- und Jugendamt, bei der Betreuung Obdachloser oder bei Maßnahmen durch Gerichtsvollzieher •  der Kontakt zu Personen, die zu Aggressionen neigen oder die unter Alkohol- beziehungsweise Drogeneinfluss stehen, beispielsweise aggressive Patienten in Notaufnahmen von Kliniken •  Schlecht organisierte Behörden und Unternehmen, die ihre Kunden durch lange Wartezeiten oder fehlerhafte Rechnungen, Bescheide und Auskünfte verärgern.


Folgen für die Opfer


Medienberichte über spektakuläre Einzeltaten wie bedrohte Verwaltungsangestellte, verprügelte Ordnungskräfte, angespuckte Politessen oder angegriffene Finanzbeamte sind nur die Spitze des Eisberges. Viele kleine bis mittlere Übergriffe werden erst gar nicht erfasst, weil Beschäftigte und Vorgesetzte sie als „zu gering“ oder „nicht anzeigewürdig“ bewerten. So nehmen Beschäftigte in Behörden und kommunalen Einrichtungen viel zu häufig Beschimpfungen und Gewalt als Teil ihrer Arbeit hin. Dass diese Taten möglicherweise Straftaten und Arbeitsunfälle sind, bleibt dabei unberücksichtigt. Hinzu kommt, dass die psychischen Folgen solcher Übergriffe von Betroffenen und Verantwortlichen oftmals unterschätzt werden. Damit wird die Chance vertan, durch frühzeitiges und angemessenes Handeln möglichen Gewalteskalationen am Arbeitsplatz und deren Folgen entgegenzuwirken. Die Auswirkungen verbaler, psychischer und physischer Gewalt reichen bei den Betroffenen von Hilflosigkeit, Verunsicherung, Demotivierung, Verzweiflung, Angstzuständen, bis hin zu Stresssymptomen und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Steigende Fehlzeiten, Ausfalltage, sinkende Motivation, geringere Produktivität und eine Verschlechterung des Betriebsklimas können eine Folge von Übergriffen auf Beschäftigte und mangelnder Krisenintervention im Betrieb sein. Darüber hinaus führen Vandalismus und Sachbeschädigungen zu erheblichen Kosten und können betriebliche Abläufe nachhaltig stören.