Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

 

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz beinhaltet:

  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die im Strafgesetzbuch verankert sind
  • »Jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt« (Beschäftigtenschutzgesetz im zweiten Gleichberechtigtengesetz des Bundes, Art. 10,2 )

Dazu gehören Aufforderungen zu sexuellen Handlungen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen, die von den Betroffenen abgelehnt werden.

 

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz hat viele unterschiedliche Facetten:

  • anzügliche Bemerkungen über Aussehen, Figur oder sexuelles Verhalten der Frau im Privatbereich
  • unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht
  • Po-Kneifen und Klapse
  • Telefongespräche, Briefe, Mails, SMS mit sexuellen Anspielungen
  • unerwartetes Berühren der Brust / Genitalien
  • Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung
  • Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen
  • aufgedrängte Küsse und Umarmungen
  • pornographische Bilder am Arbeitsplatz
  • Zurschaustellen von Genitalien
  • Aufforderung zu sexuellem Verkehr
  • Erzwingen sexueller Handlungen, tätliche Bedrohung usw.
  • Bei hartnäckiger Nachstellung und Belästigung durch einen Täter wird von Stalking gesprochen.

Folgen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz

 

Frauen reagieren unterschiedlich auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Sehr häufig sind Reaktionen wie z.B. Ekelgefühle, Empörung, Wut, Erstarrung, Verunsicherung und Rückzug. Dem ersten Schreck folgen Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein. Viele Frauen plagen sich mit Selbstzweifeln und Schuldgefühlen. Sie stellen ihr Verhalten in Frage, sind verunsichert darüber, ob sie sich möglicherweise »falsch« verhalten haben, sich nicht ausreichend gewehrt oder »überzogen« reagiert haben. Viele Frauen verschweigen aufgrund dieser Schamgefühle die Tat.

 

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann weitreichende und nachhaltige körperliche, psychische und ökonomische Auswirkungen haben:

  • Angststörungen, Schlafstörungen, Alpträume, Essstörungen, Schmerzreaktionen, Beziehungskonflikte u.a., die eine medizinische oder therapeutische Behandlung notwendig machen können.
  • Insbesondere betroffen ist oft auch die Leistungsfähigkeit der betroffenen Frauen am Arbeitsplatz. Frauen werden krankgeschrieben, stellen Versetzungsanträge, kündigen bzw. brechen ihre Karriere ab – Arbeitslosigkeit und Arbeitunfähigkeit können die langfristigen Folgen sein.

Was können Betroffene tun?

  • Empfindungen ernst nehmen
    Oft ist es für eine Frau schwierig, zu erkennen, dass es sich bei dem Erlebten um sexuelle Belästigung handelt. Deshalb ist es wichtig, die eigenen Empfindungen ernst zu nehmen und sich zu verdeutlichen, dass jede Frau eine Recht darauf hat, am Arbeitsplatz nicht belästigt zu werden. Oft fällt es Frauen schwer, die Peinlichkeit der Situation, die häufig empfunden wird, zu überwinden und zu handeln.
  • Belästigungen energisch zurückweisen
    Am günstigsten ist es, eine Belästigung unmittelbar und direkt beim ersten Vorfall energisch zurückzuweisen, z.B. mit einer lauten Entgegnung. Damit kann der Situation das »Vertrauliche« oder »Geheimnisvolle« genommen werden. Weniger effektiv sind Reaktionen wie Ignorieren, den Belästiger vermeiden oder scherzhaft mit der Situation umzugehen.
  • offensives und aktives Vorgehen
    Ein offensives und aktives Vorgehen direkt beim ersten Übergriff ist eindeutig von Vorteil.
     

Gute Möglichkeiten einer ersten Gegenwehr sind

 

  • den Belästiger zur Rede stellen und sich die Belästigung verbitten,
  • die Androhung einer Beschwerde oder eine tatsächliche Beschwerde,
  • die Ankündigung, anderen die Tat zu erzählen bzw. den Belästiger zu verklagen, unter Umständen körperliche Gegenwehr.
  • direkte körperliche Gegenwehr

 

Viele Frauen tun sich schwer mit direkter körperlicher Gegenwehr.


Hilfreich sind hier Selbstverteidigungskurse. Wenn körperliche Gegenwehr direkt auf einen tätlichen Angriff erfolgt, ist das Notwehr. Geplante körperliche Gegenwehr zu einem späteren Zeitpunkt kann als »tätliche Beleidigung« strafrechtlich verfolgt werden.

  • Schriftliche Reaktionen
    Schriftliche Reaktionen sind sinnvoll, insbesondere dann, wenn verbale Zurückweisungen vom Belästiger ignoriert werden. In einem Brief kann das Verhalten des Belästigers sachlich und detailliert zurückgewiesen werden – unter Angabe von Datum, Ort, Tathergang u.a. Zudem sollten Konsequenzen für den Fall aufgezeigt werden, wenn der Belästiger sein Verhalten nicht einstellen sollte. Es sollte eine Kopie des Briefes angefertigt werden. Den Brief entweder in Gegenwart einer dritten Person übergeben oder per Einschreiben mit Rückschein verschicken.
  • sich anderen anvertrauen
    Entlastend sind Gespräche mit Vertrauenspersonen, das können auch Kolleginnen/Kollegen sein. Oft stellt es sich heraus, dass der Belästiger schon mehrere Frauen im Betrieb bedrängt hat. Ein gemeinsames Vorgehen kann dann sehr effektiv sein.
  • Zeuginnen/Zeugen suchen
    Es ist sinnvoll, gezielt nach Zeuginnen/Zeugen zu suchen, die eine Belästigungssituation miterlebt haben.
  • Sammeln von Beweisen
    Das Sammeln von Beweisen wie z.B. Briefen, E-mails, Bildern, bzw. das Aufbewahren von Anrufen auf einem Anrufbeantworter, SMS- Nachrichten auf Ihrem Handy usw. untermauern Ihre Glaubwürdigkeit und sind wichtige Beweise, wenn Sie gegen den Belästiger vorgehen wollen.
  • Tathergang schriftlich festhalten
    Der Tathergang sollte schriftlich festgehalten werden, z.B. wer hat wann mit wem gesprochen, was hat sich wann ereignet?
  • offizielle Beschwerde
    Aufzeichnungen zum Tathergang können mit einer eidesstattlichen Erklärung bei einer Anwältin hinterlegt und für eine spätere offizielle Beschwerde verwendet werden.
  • Personalrat / Frauenbeauftragte
    Ein vertrauliches Gespräch mit dem Personalrat oder einer Frauenbeauftragten sollte spätestens dann geführt werden, wenn die Belästigungen wiederholt erfolgen und/oder der Täter die Belästigungen auch nach einer mündlichen oder schriftlichen Aufforderung nicht einstellt.

 

Folgende gesetzliche Grundlagen sind - je nach Art der Belästigung - anwendbar:

 

Beschäftigtenschutzgesetz

Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind arbeitsrechtlich verboten. Es gibt eine Reihe von Rechtsnormen, die dies regeln. Von besonderer Bedeutung ist das Beschäftigtenschutzgesetz, das Maßnahmen gegen die Belästigungen regelt.

 

Strafgesetz

Folgende Straftaten werden nur auf Antrag der Person verfolgt, die sie anzeigt. Die Tat(en) dürfen nicht länger als drei Monate zurückliegen. Der Strafantrag kann zurückgezogen werden bei

  • Beleidigungsdelikten
  • Körperverletzungsdelikten
  • Exhibitionistischen Handlungen

Folgende Straftaten sind Offizialdelikte, deren Verfolgung im öffentlichen Interesse liegt. Erfahren Polizei oder Staatsanwaltschaft davon, sind sie zur Ermittlung verpflichtet, auch ohne Strafantrag durch die Betroffene. Der Antrag kann nicht zurückgezogen werden bei

  • sexuellem Missbrauch Schutzbefohlener
  • Vergewaltigung, sexueller Nötigung
  • Verbreitung pornografischer Schriften